Was habe ich gut bei Ian, meinem Couchsurfer in San Diego geschlafen, nachdem wir einen tollen Abend mit Tacos, Meer und spannenden Gesprächen hatten. Eigentlich wollte ich mit Dwight, einem Freiwilligen, zum Startpunkt an der mexikanischen Grenze fahren, aber es kommt eben doch oft anders wie geplant. Denn leider konnte er dann doch nicht und somit musste ich Bahn und Bus fahren. Was kein Problem war, da ich direkt vor Ian‘s Tür in die Bahn fiel, es brachte nur mein Zeitmanagement (was ich eh nur gering habe) durcheinander. Statt morgens um sieben zu starten, verbrachte ich den Vormittag noch mit Frühstücken und Rumlaufen (Hauptsache schonmal 7km gelaufen, bevor es losgeht)in San Diego, fand nach Ewigkeiten auch noch die Post und machte mich dann um halb 11 auf den dreistündigen Weg.
Allein die Anreise war schon abenteuerlich, es fahren eben recht merkwürdige Leute in den USA mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und wer nicht unter irgendeinem Einfluss stand, warnte mich davor, dass ich ausgeraubt werden würde..wegen mir, hätte man mir die ein oder andere Zahnpasta gerne klauen dürfen 😉 Im Bus dann traf ich zunächst einen älteren Steampunk, der mich gleich in sein Dorf mitten in der Wüste einlud, sollte ich keine Lust mehr haben zu laufen und dann Jeremy, der ebenfalls startete. Außer ihm war aber kein Mensch mit PCT als Ziel im Bus und so würden wir allein am Ende rausgelassen.
Ah ja, die Busstation ist natürlich schöne 2,5km von der Grenze weg, was ich erfolgreich verdrängt hatte. Und geht in der Knallehitze direkt mal nur bergauf, wo sonst will man auch einen Grenzzaun errichten. Somit lief ich erstmal in den einzigen Laden an der Straße und holte mir noch einen zusätzlichen Liter Wasser. Sowohl der Besitzer als auch der einzige Kunde waren übrigens ursprünglich aus Deutschland, somit lief ich ohne zu bezahlen mit meiner Flasche raus. Fängt doch schon nett an, nun also den Berg hoch!
Da ich bisher noch nie mit Stöcken gelaufen bin, nutzte ich diese ersten Kilometer mal als Übung, um herauszufinden, wie hoch diese denn sein sollten. Bisher laufe ich mit 110cm und komme gut zurecht, aber was habe ich das die ersten Tage in den Handgelenken gemerkt! Die anderen Wanderer mussten immer lachen, wenn alle von Ihren Bein- oder Rückenschmerzen anfingen und ich nur meine Handgelenke anbringen konnte. Aber hey, das ist definitiv das kleinere Übel. Die Strecke von Campo Stadt bis zur Grenze ist echt nicht schön, teils läuft man auf der Staße, teils schon verkehrt herum auf dem PCT, was ich erst merkte, als ich falsch herum am Mile 1 Schild vorbeikam. Dann ist man endlich oben, der Wind weht, man sieht den Wellblechzaun, meist ein paar Grenzbeamte in Jeeps und eben das Monument. Gut, dass Jeremy kurz nach mir kam, so habe ich ein schönes Bild gekriegt.
Und dann war es in etwa 14 Uhr brütend heiß und ich bereit. Wo ich so genau hin wollte, ich hatte keinen Plan. Ich laufe zwar mit der Hilfe von Guthook und Halfmile (also den GPS-Apps), aber die dort eingetragenen Zeltplätze sind meist schon belegt und somit suche ich mir einfach so ein Plätzchen. Zunächst ging es also wieder nach Campo, dann über den Highway und endlich etwas mehr in die Natur. Es geht auch schon hier – fand ich zumindest vor einer Woche noch – ganz schön hoch und runter. Nach 3 Meilen überquert man Bahnschienen und dann endlich lieg nur noch Natur vor einem. Sand, Kakteen und viele dornige Büsche, die ich natürlich alle mitnehmen musste, meine Knöchel sehen aus, als hätte ich eine Katze seeeehr wütend gemacht. Ich stiefelte also einfach so dahin, genoss die Natur, setzte mich auf Steine, wenn der knapp 16-Kilo-Rucksack zu schwer würde und versuchte, nicht zu viel zu trinken. Überall flitzten Eidechsen durch die Gegend und Krähen begleiteten mich – nur von Menschen fehlte jede Spur. Der Weg ist bisher aber super beschildert und so kann man sich gar nicht verlaufen.
Ganz ehrlich, die Zeit verging ziemlich schnell, ich kam nicht enorm schnell vorwärts, aber das war auch nicht das Ziel. Nur wollte ich vor Sonnenuntergang (19.30h) mein Zelt irgendwo stehen haben, denn im Dunkeln hatte ich das bisher auch noch nicht aufgebaut. Und nun beginnt das Dilemma, welches mich bis Tag 5 begleiten wird, nämlich einen Zeltplatz zu finden. Diese sind nie da, wenn man sie sucht und der Weg oftmals so eng, dass man auch nicht für alle sichtbar direkt am Rand Zelten könnte. Es wurde also langsam aber sicher dunkel, kühl und windig, aber ich traf plötzlich Menschen. Genaugenommen zwei sehr nette Paare, nur hatten diese auch die einzigen Zeltplätze in der Umgebung. Somit redete ich nur kurz mit Ihnen und hetzte ein wenig panisch weiter den Berg hoch. Oben war durch einen Waldbrand alles voller Asche, aber ich fand nicht allzu weit vom Trail einen halbwegs ebenen Platz und baute mein Zelt auf. Was durch die verbrannte Erde und Asche verdammt schmutzig wurde, aber das war mir dann einfach nur noch egal. Es klappte erstaunlich gut trotz Wind, danach putze ich noch Zähne etc. und lag um 20.00h fix und alle im Zelt.
In welchem das blanke Chaos herrschte, da noch nichts seinen Platz hatte und ich meinen Rucksack komplett mit hinein warf. Ich habe das Fly Creek UL1 von Big Agnes und da passen genau ich und der Rucksack rein 😉 Jetzt sollte ja der leichte Teil kommen, das erschöpft einschlafen. Aber Jetlag und die „Angst“ vor der Dunkelheit und der Tatsache, dass ich hier vollkommen ausgeliefert liege, haben mich dann doch erst noch etwas wach gehalten. Aber dann redete ich mir ein, dass man dem Zelt ja nicht ansieht, wer drinnen liegt und ich notfalls mit meinem extraleichten Wanderschirm zuschlagen kann..zog mir die Schlafsackkapuze über den Kopf und nach dem Motto, wenn ich euch nicht sehe, seht ihr mich auch nicht schlief ich ein. Und wachte bei gefühlt jedem Geräusch auf und das waren dank Wind viele. Aber ich habe überlebt und der Sonnenaufgang am nächsten Morgen, welchen ich mit Talblick hatte, war wunderschön und nein, diesen Tag werde ich bestimmt nicht vergessen. Immer dahingehen, wo die Angst sitzt und dann darüber hinaus!